RNA-Therapeutika

Plattformleiter: Prof. Dr. Christian Bär

Medikament auf Basis von RNA – eine mögliche Roadmap

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Innovative Therapeutika auf der Basis von Ribonukleinsäure (RNA) sind im Zuge der Impfstoffentwicklung einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden. RNA-basierte Impfstoffe sind allerdings nur ein Beispiel für deren Anwendung. Bei vielen Organerkrankungen (beispielsweise Lunge, Herz, Leber) beeinflussen veränderte Genexpressionssignaturen bekanntermaßen das Fortschreiten der Erkrankung. Hier bietet die RNA-Therapie einen Ansatzpunkt, um auf pathophysiologische Prozesse einzuwirken.

Zielgerichtete RNA-basierte Therapien

Das Verständnis für in der Erkrankung veränderte Genexpressionssignaturen ist der Schlüssel zur Entwicklung einer zielgerichteten RNA-basierten therapeutischen Strategie. Besonders das Feld der Medizininformatik und Bioinformatik ist ein wesentlicher Bestandteil für die Identifizierung wichtiger Schaltermoleküle und baut eine Brücke zwischen Patientendaten und anwendungsorientierter Forschung.

Die Verzahnung großer klinischer Datenmengen, molekularbiologischer Daten und funktioneller Ausbildung einer Organfehlfunktion wurde in vielfacher Weise gezeigt. Molekulare RNA-Strukturen bilden somit eine Voraussetzung für die Entwicklung neuartiger, zielgerichteter RNA-Therapeutika.

Entwicklung eines Medikaments auf Basis von RNA

Die RNA-Therapeutika-Plattform wird einen möglichen Weg zeichnen, den ein RNA-basiertes Medikament von der Entdeckung bis hin zur klinischen Anwendung durchläuft. Unter Zuhilfenahme bioinformatorischer Modelle werden krankheitsassoziierte RNAs ausgewählt, die über verschiedene RNA-Technologien moduliert werden können. Die RNA-Therapeutika werden in schützende Verkapselungstechnologien (Nanopartikel) überführt, qualitativ verifiziert und in geeignete präklinische Modellsysteme übertragen, um ihre therapeutische Sicherheit und Wirksamkeit zu untersuchen.

Fortgeschrittene RNA-basierte, analytische Methoden zur Bestimmung pharmakokinetischer Pfade runden das Portfolio ab.

Der Proof-of-Concept-Prozess für die Entwicklung einer RNA-basierten Therapie kann auf viele weitere Krankheitsindikationen übertragen werden. Insbesondere kann hier die Entwicklung einer geeigneten Verkapselungstechnologie förderlich sein.

Synergieeffekte werden durch das Zusammenspiel von Bioinformatik, In-vitro-/Ex-vivo-Modellen und den spezifischen Anforderungen der Verkapselungstechnologien erzielt. Die Plattform hat deshalb einen stark interdisziplinären Charakter mit dynamischer Steuerung für zukünftige Anwendungsmodelle.

Ein weiterer wichtiger Entwicklungsschritt wird der Fokus auf die Produktion von RNA-Therapeutika sein. Diese Plattform wird als allgemeine Realisierungsplattform für RNA-basierte Therapien fungieren. Beginnend mit kleineren Synthetisierungsmaßstäben, soll die RNA-Produktion in größeren Mengen verfügbar sein und in entsprechende Therapiestrategien einfließen. Für zielgerichtete Therapien wird darüber hinaus die Entwicklung spezifischer Verkapselungen/Nanotechnologien ein wichtiger Aspekt sein.

Ausblick

Aufbauend auf den Ergebnissen der RNA-Therapeutika-Plattform werden weitere Forschungsaktivitäten im Bereich der RNA-Produktion und zielgerichteter Nanopartikel notwendig sein, um RNA-basierte Medikamente für die therapeutische Anwendung zu optimieren. Zu diesem Zweck stehen wir mit weiteren Fraunhofer-Standorten im engen Austausch und sehen überzeugendes Potential für eine neue Klasse von Medikamenten in einer breiten klinischen Anwendung.

 

Kompetenz innerhalb der Plattform

  • Durchsicht von Bibliotheken und Netzwerkanalyse zur Identifizierung von RNA-Schlüsselfaktoren bei Fibrose
  • Bioinformatik zur Vorhersage von sequenzoptimierten siRNAs oder LNAs oder modifizierten RNAs (modRNA) für die mRNA-Überexpression
  • Entwicklung einer Radiomics-Signatur
  • Formulierung von RNA-Therapeutika für die Verabreichung durch Inhalation
  • Biofunktionalisierte Polymere mit verbesserter Biokompatibilität bei gleichzeitiger funktionaler Integration
    • Polyethylenimin(PEI)-basierte siRNA-Formulierungen
    • Liposomale Formulierungen
    • Kieselgelpartikel

Technologien innerhalb der Plattform

  • Omics-Pipeline für integrative RNA-Analyse und pathwaybasierte Stratifizierung
  • Microscale-Thermophorese (MST) einschließlich Validierung von molekularer Bindung für (nc)RNA-Inhibitor (Match und Mismatch, Robustheits- und Reproduzierbarkeitsanalyse und -bewertung; Qualitätskontrolle der Daten (Aggregate, Probenadsorption, Fluoreszenzschwankung); Berechnung und Anpassung von Bindungskurven (KD-Wert vs. Hill-Koeffizient)
  • In-vitro-Multiorgan-Studie (Haut, Hornhaut, Blut-Hirn-Schranke, Darm) zur Prüfung der Biokompatibilität von siRNA-Kandidaten
  • Ex-vivo-Gewebeschnitte für Sicherheits- und Wirksamkeitsprüfungen von RNA-Therapeutika und ihren Zuführungssystemen
  • Chromatographiebasierte (HPLC) Methode für die Quantifizierung von RNA-Therapeutika in Körperflüssigkeiten und Geweben zur Sammlung pharmakokinetischer (PK-)Parameter
  • NanoAssemblr® System der Firma Precision Nanosystems am Fraunhofer ITEM
  • Visuelles Dashboard für die Analyse der Omics-Daten und als entsprechende Entscheidungshilfe

Plattforminterne Infrastruktur

 GXP – Qualitätssicherung nach internationalen Standards 

Um sicherzustellen, dass die im Rahmen der Plattform »RNA-Technologien« durchgeführte Arbeit in Übereinstimmung mit international anerkannten Qualitätsstandards erfolgt, hat das Fraunhofer Institut die GXP-Qualitätssicherungssysteme implementiert.

Sie umfassen die »Gute Laborpraxis« (Good Laboratory Practice, GLP), die »Gute Klinische Praxis« (Good Clinical Practice, GCP) und die »Gute Herstellungspraxis« (Good Manufacturing Practice, GMP). Mit ihrem jeweils spezifischen Geltungsbereich decken diese Qualitätssicherungssysteme den translationalen Ansatz im Aktivitätsspektrum der Plattform ab. 

Weitere Informationen zu unserer GXP-Plattform am Fraunhofer ITEM und unseren Zertifikaten erhalten Sie hier.

RNA-Therapeutika: Laufende Plattformprojekte

Zielgerichtete circRNAs für die COVID-19-Therapie

  • Timeline der SARS-CoV-2-Infektion in hiPSC-Kardiomyozyten
  • RNA-Sequenzierung zur Identifizierung dysregulierter circRNAs
  • circRNA-Modulation nach Infektion in hiPSC-CMs
  • circRNA-basierte Regulation der SARS-CoV-2-Infektion
  • siRNA-Targeting von circRNAs für die COVID-19-Therapie

siRNA-basierte Therapieansätze zur Behandlung der Lungenfibrose

  • Multimodale computergestützte Analyse von Fingerabdrücken der humanen antifibrotisch wirksamen Genexpression
  • Endogenes Silencing identifizierter medikamentabler RNA-Targets (in vitro) 
  • Verpackung mit Nanopartikel-Trägersystemen 
  • Validierung identifizierter RNA-Angriffspunkte (ex vivo) (PCLS, LMS) 
  • Vernebelungsstudien zur Schließung der translationalen Lücke

siRNA-Ansätze bei Sarkoidose

  • Einzelzellanalyse humaner BAL-Zellen 
  • Computergestützte Analyse von Transkriptionsfaktoren in T- Zellen- Subsets 
  • siRNA-Generierung und In-vitro-Bewertung an humanen BAL-Zellen 
  • Nanopartikelgenerierung für die zielgerichtete siRNA-Zuführung 
  • In-vivo-Experimente zur Prüfung der Wirksamkeit der intratrachealen Anwendung zielgerichteter Zuführungskonzepte mithilfe unterschiedlicher Nanopartikel/siRNAs 

Ihre Kontakt Personen für RNA-Therapeutika

Christian Bär

Contact Press / Media

Prof Dr. Christian Bär

Plattformleitung RNA-Therapeutika

Telefon +49 511 5350-120

Sabine Kafert-Kasting

Contact Press / Media

Dr. Sabine Kafert-Kasting

Projektmanagement RNA-Therapeutika

Telefon +49 511 5350-363