Aptamere zur Detektion von Glykosylierungsveränderungen - AptaGlyc

Diagnostik von Immunerkrankungen anhand veränderter Zuckerstrukturen

Zuckerstrukturen sind allgegenwärtig im menschlichen Körper. Sie umgeben die Zellen wie ein Gerüst, um sie einerseits zu schützen und andererseits Interaktionen mit anderen Kompartimenten zu ermöglichen. Die sogenannten Glykane kommen als Glykolipide, Proteoglykane oder Glykoproteine vor. Die Glykosylierung ist eine komplexe posttranslationale Modifikation, bei der viele verschiedene Enzyme involviert sind. Die strukturelle Komplexität der Oligosaccharide erlaubt deren Funktion als Informationsträger. Viele Proteine weisen spezifische Zuckerstrukturen auf, die entscheidend zur Funktion des Proteins beitragen.

Krankheitsstatus beeinflusst Proteinglykosylierung

© Fraunhofer IAP

Strukturell veränderte Proteinglykosylierung kann ein wichtiger Hinweis für die Diagnose von Autoimmunerkrankungen sein. Es ist bekannt, dass die Glykosylierung von Immunglobulinen (Ig) alters- und geschlechtsabhängig ist, sich jedoch auch mit dem Krankheitsstatus ändert. Im Fall einer Autoimmunerkrankung verschiebt sich das Verhältnis hin zu kürzeren Glykanketten. Wichtige Beispiele sind Rheumatoide Arthritis und IgA-Nephropathie. Es ist bisher unklar, inwieweit sich die Glykosylierung während der Krankheitsentstehung bis zum -ausbruch verändert. Mit diesem Wissen wäre es möglich, Autoimmunerkrankungen frühzeitig zu erkennen, um betroffene Patienten schnellstmöglich und effizient behandeln zu können. Die Detektion der veränderten Glykosylierungsmuster, die eine Diagnose oder sogar Früherkennung ermöglichen würde, wird derzeit aufgrund der extrem komplexen Analytik viel zu wenig genutzt.

Proteinglykosylierung durch Erkennungsmoleküle und einem Fluoreszenz-basierten Detektionssystem identifizieren

© Fraunhofer IZI-BB

Das Projekt verfolgt das Ziel, relevante Zuckerstrukturen gezielt durch Nukleinsäure-basierte Erkennungsmoleküle (Aptamere) zu identifizieren und in ein einfach messbares Signal umzuwandeln. Aptamere sind kurzkettige einzelsträngige DNA- oder RNA-Nukleinsäuren, die aufgrund ihrer sequenzabhängigen 3D-Struktur Zielstrukturen hochspezifisch binden können. In einem automatisierten Selektionsverfahren auf Basis von Magnetpartikeln werden zuckerbindende Aptamere identifiziert. Eine mit der Aptamer-Zielmolekül-Bindung einhergehende Strukturänderung der Aptamere soll für ein einfaches Fluoreszenz-basiertes Detektionssystem genutzt werden.

 

Entwicklung einer neuartigen Technologie für die Diagnostik von Immunerkrankungen

Dieses Projekt setzt den Grundstein für eine Technologie zur Diagnostik von Immunerkrankungen, die mit einer Änderung der Glykosylierungsmuster von Antikörpern oder anderen Proteinen einhergehen. Da die Glykosylierung bereits weit vor Ausbruch der Krankheit gestört sein kann, wird zudem eine Früherkennung dieser Krankheiten ermöglicht. Zu Beginn steht insbesondere Rheumatoide Arthritis im Vordergrund. Bei Erfolg ist sogar eine Verfolgung des Behandlungsfortschritts über diese Glykananalytik denkbar. Über die Diagnose von Glykan-assoziierten Krankheiten hinaus, sind Anwendungen in der Qualitätskontrolle von Antikörpern sowie Wirkstoffen, deren Glykosylierung für die Wirksamkeit unabdingbar ist, möglich. Dies kann den Einsatz komplexer Analytik ersetzen.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit

Das Projekt wird einen Beitrag im Bereich Biomarker- und Wirkstoffanalyse leisten. Dafür werden die Kompetenzen des Fraunhofer IAP (Glykobiotechnologie) und des Fraunhofer IZI-BB (Aptamere) gebündelt.

Fraunhofer IAP: Bereitstellung und Modifikation von relevanten Zuckerstrukturen, Glykananalytik

Fraunhofer IZI-BB: Entwicklung, Charakterisierung und Optimierung der Aptamere

Ausblick

Die Entwicklung von Aptameren, die gezielt und hochaffin Zuckerstrukturen binden können, wäre ein großer Fortschritt in der Aptamerforschung. Um die Diagnostik von Immunerkrankungen deutlich zu vereinfachen, muss die Anwendbarkeit des Systems auf klinische Proben gezeigt werden. Darüber hinaus birgt die Technologie großes Anwendungspotential für die Analytik und Qualitätssicherung von glykosylierten Wirkstoffen. Dafür wird das System um andere Ziel-Zuckerstrukturen erweitert, um ein Portfolio zu erstellen, mit dem individuelle Glykanstrukturen nachgewiesen werden können.