Der Konflikt zwischen Sicherheit und Privatsphäre auf der einen Seite und der Verfügbarkeit von möglichst umfassenden Patientendaten, um präzise medizinische Entscheidungen zu treffen, ist eine der wesentlichen Herausforderungen der digitalen Medizin in Deutschland und darüber hinaus.
Im Fraunhofer CIMD und den beiden Reallabore (»4D-Klinik« und »Datenintelligenz«) sind umfassende Patientendaten ein wesentlicher Teil der (Forschungs-)Projekte. Ein vielversprechender Ansatz zur Lösung des Konfliktes ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Experten aus Medizin, Daten(-visualisierung), Privacy und Sicherheit. Deshalb engagieren sich in diesem Fraunhofer CIMD Projekt die Fraunhofer-Institute für Graphische Datenverarbeitung IGD, für Translationale Medizin und Pharmakologie ITMP und für Sichere Informationstechnologie SIT. Die Ergänzung zu den bisherigen Projekten der Reallabore ist vor allem die Verknüpfung der drei Aspekte (Gesundheit/Medizin, Daten/Visualisierung/Nutzung und Sicherheit/Privatsphäre) für eine sichere Datenhaltung des Medical Data Lake auf Forschungsebene, mit dem Ziel eines politischen Impacts.
Gesundheit und medizinische Entscheidungen
Der Gesundheitsaspekt ist für die medizinischen Anwender und weitere Interessenvertreter in diesem Umfeld im Fokus. Der Austausch von medizinischen Daten unterliegt wichtigen Grundsätzen der Ethik und Privatsphäre, ist aber auch unerlässlich für die medizinische Forschung, sowie personalisierte Diagnosen und die Sicherstellung einer bestmöglichen Behandlung.
Datenhaltung, Visualisierung und Usability
Bei diesem Aspekt geht es um die Nutzbarkeit des Ansatzes auf Basis des Datenhaltungskonzepts und die Möglichkeiten, auf die Daten sicher, aber auch gebrauchstauglich, visuell und interaktiv zuzugreifen. Neue Konzepte sind notwendig, um Patienten in den Prozess einzubinden, alle legalen Voraussetzungen und Privatsphäre-Voraussetzungen in der Datenhaltung und dem Datenzugriff sicherzustellen. Diese Konzepte müssen jedoch sowohl von den Rechteinhabern der Daten, als auch von den datennutzenden Medizinern und Forschern verstanden werden können.
Sicherheit und Privacy
Der dritte Aspekt betrachtet die IT-Sicherheit und die Privatsphäre-Sicherung. Die großen Mengen an medizinischen und personenbezogenen Daten im »Secure Medical Data Lake« benötigen einen besonderen Schutz. Den Zugriff nicht-autorisierter Personen gilt es mit allen Mitteln zu verhindern. Das lässt sich insbesondere mit einem Konzept gewährleisten, das technische und organisatorische Mittel vereint.
Das Konzept des Medical Data Lake wird ein »need to know«-Prinzip, ein grundlegendes Sicherheitsprinzip, welches der medizinischen Forschung in Deutschland einen deutlichen Schritt nach vorne verhelfen wird. Dabei handelt es sich sowohl um technische als auch organisatorische Lösungsansätze.
Ausblick
Die Erstellung eines Sicherheits- und Privatsphäre-Konzept für die CIMD Reallabore ist im Fokus des Projektes. Dies wird eine wesentliche Voraussetzung für die Nutzungsphase der Reallabore. Das Konzept wird ebenfalls Grundlage für zukünftige Projekte mit breiter Fokussierung im Rahmen von umfangreichen, medizinische Datennetzwerke und Kliniken sein.
Ein weiteres aktuelles Forschungsthema ist die genaue Ausgestaltung und Definition von medizinischen digitalen Zwillingen (MDTs, medical digital twins). Ein digitaler Zwilling kann eine hochentwickelte Darstellung eines virtuellen Modells oder eines digitalen Abbildes sein, welche in Echtzeit Daten analysiert und abgleicht und, mit Hilfe von Simulationen und künstlicher Intelligenz, die Entscheidungsfindung unterstützt. Die Sicherung verschiedenen Ausprägungen von MDTs ist eine wesentliche Herausforderung. Das optimale Zusammenspiel der Sicherungsmechanismen unter Usability-Gesichtspunkten für medizinische Entscheidungen wird daher auch über die konzeptionelle Festsetzung im Rahmen dieses Projekts hinaus weiterverfolgt werden.