Weltweit sind derzeit ca. 5 % der Bevölkerung von chronisch-entzündlichen Erkrankungen betroffen, deren Gemeinsamkeit in einer zugrundeliegenden Fehlfunktion des Immunsystems besteht. Diese Gruppe der Erkrankungen ist sehr vielfältig. Dazu gehören unter anderem die rheumatoide Arthritis (RA), der Diabetes mellitus (Typ 1) und die multiple Sklerose (MS). Die Interaktion von genetischen Anlagen und äußeren Einflüssen, wie Umwelt bzw. Lebensstils (z.B. Nikotin) spielt eine große Rolle in der Entwicklung der Krankheiten. Sie führt dazu, dass das Immunsystem immer weniger in der Lage ist, zwischen »Selbst« und »Fremd« zu unterscheiden (Selbsttoleranz). Dadurch werden körpereigene Gewebestrukturen von aktivierten Zellen des angeborenen und adaptiven Immunsystems angegriffen.
Derzeit ist es schwierig, eine rechtzeitige und dauerhaft wirksame Pharmakotherapie zur Vermeidung irreparabler Schäden an den Zielgeweben anzuwenden, ohne zeitgleich den Immunschutz der betroffenen Personen zu beeinträchtigen. Etablierte synthetische bzw. biopharmazeutisch hergestellte Immuntherapeutika bieten derzeit noch keine Heilungschance und sind aufgrund genereller immunsuppressiver Effekte mit erhöhten Infektrisiken belastet.
Mit spezifischen Zellen zu einer verbesserten Wirksamkeit und reduziertem Infektrisiko
Wir haben nachgewiesen, dass im Mausmodell bestimmte B-Zellen, sogenannte Kollagen Typ II (Col2) spezifische regulatorische B Zellen, zur Induktion von regulatorischen T-Lymphozyten (Tregs) führen. Tregs sorgen für eine Regulation des Immunsystems und führen somit zur Aufrechterhaltung der Selbsttoleranz und zum Schutz körpereigener Strukturen, in unserem Fall zum Schutz kollagener Strukturen. Basierend auf diesen Erkenntnissen wollen wir eine antigenspezifische B-Zell-vermittelte Toleranzbildungsstrategie zur Therapie von Autoimmunerkrankungen entwickeln.
Der Nachweis eines »Proof of Concept« der Induktion regulatorischer T-Zellen durch antigenspezifische B Zellen eröffnet neue Potenziale der Entwicklung einer personalisierten therapeutischen Immunmodulation im Indikationsgebiet der Autoimmunerkrankungen. Das selektive Wirkprinzip hat das Potenzial einer verbesserten Wirksamkeit bei reduziertem Infektrisiko, weil keine allgemeine Immunsuppression erfolgt.
Von Pathogeneseforschung bis therapeutisches Targeting – Bündelung von Kompetenzen
Um dieses Vorhaben zu realisieren, nutzen wir die Expertise in der Pathogeneseforschung und in etablierten experimentellen Krankheitsmodellen im Bereich der Autoimmunerkrankungen am Fraunhofer-Institut für translationale Medizin und Pharmakologie Frankfurt. Diese Expertise ergänzen wir durch clusterspezifische Kompetenzen in der Hochdurchsatzsequenzierung von Nukleinsäuren und bioinformatischer Analysen an den Fraunhofer-Instituten für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB in Stuttgart und für Toxikologie und Experimentelle Medizin ITEM in Regensburg. Die Selektion, Synthese und Funktionalisierung von Aptameren als potenziell selektive Liganden für das therapeutische Targeting von Lymphozyten-Subpopulationen erfolgen mit dem Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie, Institutsteil Bioanalytik und Bioprozesse IZI-BB in Potsdam.