Immunerkrankungen haben vielfältige klinische Manifestationen, die oft eine eindeutige Diagnose erschweren. Sie sind bis heute nicht heilbar und betreffen meist mehrere Organsysteme gleichzeitig. Über zwei Drittel dieser Erkrankungen fallen in die Fachgebiete Rheumatologie, Dermatologie und Gastroenterologie. Eine frühe Diagnose und verkürzte Behandlungswege durch eine interdisziplinäre Versorgung können das Outcome der Erkrankten verbessern. Unsere Forschung zielt darauf ab, neue diagnostische und prognostische Biomarkerprofile zu finden.
In der aktuellen klinischen Versorgung werden Immunerkrankungen häufig sehr fachgebietsabhängig und organzentriert betrachtet, wodurch es zu einem verspäteten Therapiestart oder sogar Fehldiagnosen kommen kann. Eine Versorgungsstruktur für den interdisziplinären Austausch und die gemeinsame Behandlung von Patienten mit immun-mediierten Erkrankungen ist kaum vorhanden.
Passgenaue Therapieempfehlungen durch strukturierte Erfassung, Analyse und Visualisierung von hochkomplexen Patientendaten
In der Versorgung werden zahlreiche klinische Parameter und Scores erhoben. Gleichzeitig können innovative Biomarkeranalysen umfassende Informationen über molekulare Veränderungen liefern. Zur Versorgungsoptimierung fehlen bisher jedoch geeignete Tools zur strukturierten Erfassung, Analyse und Visualisierung der Daten.
Am Beispiel der 4D-Entzündungsklinik entwickeln die Reallabore »4D-Klinik« und »Datenintelligenz« eine Plattform zur strukturierten Erfassung, Analyse und Visualisierung hochkomplexer Patientendaten aus der Routineversorgung und innovativen OMICS-Analysen. Neue Datenkorrelationen sollen mit Hilfe künstlicher Intelligenz identifiziert und visualisiert werden, um ärztliche Therapieentscheidungen zu unterstützen und das Therapieansprechen vorherzusagen.
Durch das Reallabor 4D-Klinik werden vielseitige, qualitativ hochwertige Datensätze zu Immunerkrankungen gewonnen, die helfen, die pathogenetischen Ursachen der Erkrankungen zu verstehen und zukünftig passgenaue Therapien zu empfehlen. Herausforderungen liegen dabei sowohl in der sicheren Datenspeicherung und limitierten Datensatzgrößen als auch in der Etablierung geeigneter Analysepipelines oder der Datenvernetzung
Zur Bewältigung technischer und regulatorischer Herausforderungen werden medizinische, naturwissenschaftliche und informatische Expertise kombiniert. Diese Verschmelzung steht besonders im Fokus des Fraunhofer CIMD.
Ausblick
Im Rahmen des Reallabors »4D-Klinik« wird ein zentrales Datenmanagementsystem inklusive User Access Management aufgebaut, in das alle erhobenen Daten einfließen. Parallel dazu entwickeln wir eine Plattform zur Visualisierung der hochkomplexen Daten. Der Fokus liegt dabei auf der Visualisierung in sogenannten immunologischen Landkarten, die die hochdimensionalen Daten zusammenfassen und eine schnelle Einordnung von Erkrankten im Vergleich zur Gesamtkohorte erlauben. Diese Basis ermöglicht eine Neustratifizierung der Erkrankungen und kann das ärztliche Personal bei Therapieempfehlungen unterstützen. Die Plattform wird in enger Absprache mit verschiedenen Nutzergruppen des transdisziplinären Teams auf deren Bedürfnisse zugeschnitten.
Die Einführung eines zentralen Datenspeichers, Definition aller relevanten Messparameter sowie die Identifizierung der Nutzergruppenbedürfnisse bilden die Grundlage der derzeitigen Projektarbeiten. Der Fokus liegt nun auf der technischen Entwicklung der Plattform, der Identifikation neuer Biomarkerprofile und ihrer Visualisierung in Form immunologischer Landkarten. Zusätzlich wird ein Datenpool aufgebaut, der als Grundlage für diese Visualisierung und als Basis für zukünftige kooperativen Forschungsprojekte dienen wird.